Neue Welten erkunden
In der Teilchenphysik wie in der Weltraumforschung sorgt die Universität Bern im Jahr 2020 für Aufsehen. So mit Weltrauminstrumenten, die hier entwickelt, gebaut und getestet wurden.

Materie und Universum

Weltraum made in Bern

Seit der Beteiligung an der ersten Mondlandung 1969 nimmt die Universität Bern mit Instrumenten und Experimenten an Weltraummissionen teil. Auch 2020 sorgten Weltrauminstrumente aus Bern für Aufsehen, so das Weltraumteleskop CHEOPS, das Massenspektrometer ORIGIN und drei Instrumente für die Jupitermission JUICE.

 

Seit über 50 Jahren ist die Universität Bern mit dem Bau von Instrumenten für Missionen der grossen Weltraumorganisationen wie ESA, NASA, ROSCOSMOS oder JAXA an der Weltspitze mit dabei. Auch 2020 sorgten Berner Weltrauminstrumente für Aufsehen.

Weltraumteleskop erfüllt Erwartungen

CHEOPS ist eine gemeinsame Mission der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und der Schweiz, unter der Leitung der Universität Bern in Zusammenarbeit mit der Universität Genf. Das Weltraumteleskop CHEOPS war während fünf Jahren unter der Leitung von Willy Benz an der Universität Bern entwickelt und gebaut worden und trat Ende 2019 seine Reise ins Weltall an. Seither misst CHEOPS Helligkeitsveränderungen eines Sterns, wenn ein Exoplanet vor diesem Stern vorbeizieht. Daraus lässt sich die Grösse des Planeten ableiten und mit bereits vorhandenen Daten aus früheren Beobachtungen die Dichte bestimmen. So erhält man wichtige Informationen über diese Planeten – zum Beispiel, ob sie überwiegend felsig sind, aus Gasen bestehen oder ob sich auf ihnen tiefe Ozeane befinden. Dies wiederum ist ein wichtiger Schritt, um zu bestimmen, ob auf einem Planeten lebensfreundliche Bedingungen herrschen.

Die erste Studie mit CHEOPS-Daten, die im September 2020 veröffentlicht wurde, beschreibt einen der extremsten Planeten im Universum: WASP-189b, ein sogenannter ‘ultra-heisser Jupiter’, auf dem auf 3'200 Grad Celsius herrschen und der seinen Stern innerhalb von nur drei Tagen umkreist. Ende 2020 entdeckte CHEOPS dann sechs Planeten, die den Stern TOI-178 umkreisen. Fünf der Planeten umkreisen den Stern trotz ihrer sehr unterschiedlicher Zusammensetzung in einem harmonischen Rhythmus. Es ist das erste Mal, das ein Planetensystem mit solchen Eigenschaften beobachtet werden konnte.

Wussten Sie, dass?

«Als am 21. Juli 1969 Buzz Aldrin als zweiter Mann aus der Mondlandefähre stieg, entrollte er als erstes das Berner Sonnenwindsegel und steckte es noch vor der amerikanischen Flagge in den Boden des Mondes. Dieses Solarwind Composition Experiment (SWC), welches von Prof. Dr. Johannes Geiss und seinem Team am Physikalischen Institut der Universität Bern geplant, gebaut und ausgewertet wurde, war ein erster grosser Höhepunkt in der Geschichte der Berner Weltraumforschung.»

Nie dagewesene Messsensitivität für den Nachweis von Leben im All

Für Schlagzeilen sorgte 2020 auch das Massenspektrometer ORIGIN aus Bern. Es wurde unter der Leitung von Andreas Riedo und Niels Ligterink der Universität Bern entwickelt. Es kann Kleinstmengen von Spuren von Leben nachweisen. Bereits haben Weltraumorganisationen wie die NASA Interesse bekundet, ORIGIN für zukünftige Missionen zu testen. Zum Einsatz kommen könnte das Instrument zum Beispiel bei Missionen zu den Eismonden Europa (Jupiter) und Enceladus (Saturn). Nach heutigen Kenntnissen besitzen die Ozeane, die sich unter kilometerdicken Eisschichten auf den Eismonden befinden, sämtliche Eigenschaften, die für das Entstehen von Leben nötig sind und stellen auch Umgebungen dar, in denen Leben längerfristig existieren kann.

Ein gleichzeitiger Nachweis bestimmter Aminosäuren auf extraterrestrischen Oberflächen, wie derjenigen von Europa oder Enceladus, liessen auf mögliches Leben schliessen. Das von den Berner Forschenden entwickelte Messprinzip ist simpel: Laser-Impulse werden auf die zu untersuchende Oberfläche gerichtet. Dabei lösen sich Kleinstmengen an Material, das in einem zweiten Schritt von ORIGIN auf dessen chemische Zusammensetzung untersucht wird. Dabei sind keine komplizierten Probenaufbereitungen, welche das Resultat eventuell beeinflussen können, nötig. ORIGIN ist bis zu bis tausendmal empfindlicher als vergleichbare Instrumente, die momentan im Einsatz sind.

Reise zum Jupiter mit Berner Beteiligung

Nach Anzeichen von Leben wird auch die JUICE Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA suchen, die voraussichtlich im Sommer 2022 ihre Reise Richtung Jupiter antritt. Nach einer siebenjährigen Reise sollen ab 2029 Jupiter und drei seiner insgesamt 79 Monde – die Eismonde Ganymed, Kallisto und Europa – erforscht werden. Das Institut für angewandte Physik und das Physikalische Institut in Bern sind an drei Instrumenten dieser Mission beteiligt.

Das Institut für Angewandte Physik hat unter der Leitung von Axel Murk die Optik und die Kalibrationseinheit für das Submillimeter Wave Instrument (SWI) entwickelt. Im Herbst 2020 wurde die Optik für das SWI am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung integriert und getestet. Das SWI wird die Stratosphäre von Jupiter sowie die Atmosphären und Oberflächen von Jupiters Eismonden vermessen. Anstelle von sichtbarem Licht, wird das Instrument die thermische Strahlung von Jupiters Stratosphäre in Submillimeterwellenlängen messen, um die Temperaturverteilung, die Zusammensetzung und die Winde in der Atmosphäre zu ermitteln. Zusätzlich werden die Atmosphären sowie die Oberflächeneigenschaften der Monde untersucht.

Ebenfalls an Bord von JUICE wird das Laser Altimeter GALA sein, für welches am Physikalischen Institut unter der Leitung von Nicolas Thomas das sogenannte ‘Range Finder Module’ entwickelt wurde. GALA wird die Topographie von Ganymed untersuchen.

Das dritte JUICE-Instrument, das 2020 unter der Leitung von Peter Wurz an der Universität Bern fertig gebaut wurde, ist das Neutral and Ion Mass Spectrometer (NIM) des Physikalischen Instituts. Dieses ist Teil des ‘Particle Environment Package’ (PEP), welches aus sechs unterschiedlichen Spektrometern besteht. Das Massenspektrometer NIM wird die chemische und isotopische Zusammensetzung der Teilchen in den Atmosphären von Jupiters Eismonden, deren Verteilung sowie die physikalischen Parameter dieser Atmosphären untersuchen.

Die Instrumente werden nun auf der Satellitenplattform integriert, und die Raumsonde JUICE wird ausgiebigen Tests unterzogen.

BERNER WELTRAUMFORSCHUNG: SEIT DER ERSTEN MONDLANDUNG AN DER WELTSPITZE

Als am 21. Juli 1969 Buzz Aldrin als zweiter Mann aus der Mondlandefähre stieg, entrollte er als erstes das Berner Sonnenwindsegel und steckte es noch vor der amerikanischen Flagge in den Boden des Mondes. Dieses Solarwind Composition Experiment (SWC), welches von Prof. Dr. Johannes Geiss und seinem Team am Physikalischen Institut der Universität Bern geplant und ausgewertet wurde, war ein erster grosser Höhepunkt in der Geschichte der Berner Weltraumforschung.

Die Berner Weltraumforschung ist seit damals an der Weltspitze mit dabei. In Zahlen ergibt dies eine stattliche Bilanz: 25mal flogen Instrumente mit Raketen in die obere Atmosphäre und Ionosphäre (1967-1993), 9mal auf Ballonflügen in die Stratosphäre (1991-2008), über 30 Instrumente flogen auf Raumsonden mit, und mit CHEOPS teilt die Universität Bern die Verantwortung mit der ESA für eine ganze Mission.

Die erfolgreiche Arbeit der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie (WP) des Physikalischen Instituts der Universität Bern wurde durch die Gründung eines universitären Kompetenzzentrums, dem Center for Space and Habitability (CSH), gestärkt. Der Schweizer Nationalsfonds sprach der Universität Bern zudem den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS zu, den sie gemeinsam mit der Universität Genf leitet.

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